Informationstexte

1. Was ist Osteoporose?

Osteoporose ist die physiologische Veränderung des Knochens mit Verminderung der Knochendichte und Veränderung der Knochenarchitektur. Diese Substanzminderung führt dann zu einer Porösität des Knochens.

Osteo= Knochen, -porose = porösität,

Diese Veränderung hat eine erhöhte Brüchigkeit zur Folge. Dieser Prozess ist schleichend und bleibt häufig bis zum ersten Knochenbruch unbemerkt.

Erkennen: 

Aber selbst nach Frakturen bleibt die Osteoporose häufig unentdeckt, da nicht selten die Betroffenen, aber auch die behandelnden Ärzte denken, der Sturz allein sei für den Bruch verantwortlich gewesen.

Unbeachtet bleibt häufig, dass viele Menschen bis ins hohe Alter aktiv sind:

Ein Sturz mit Knochenbruch schließt eine Osteoporose nicht aus, kann aber ein Hinweis sein!

Behandeln:

Aktuell erhalten nur 20% von den rund 800.000 Patienten die jährlich neue Osteoporose bedingten Frakturen erleiden und die insgesamt rund 8 Mio. Betroffenen in Deutschland, eine ausreichende medikamentöse Therapie.

2. Wie entsteht Osteoporose?

Knochenstoffwechsel und Abbau:  

Bis zum 20 Lebensjahr baut sich die körpereigene Knochenmasse durch Mineralisation des Knochens auf. Knochenaufbau und Knochenabbau bleiben in der Folge im Gleichgewicht. Für die Frau spielt hier das Östrogen eine entscheidende Rolle. Durch die Wechseljahre verschiebt sich dann, durch die Verminderung der körpereigenen Östrogenproduktion dieses Gleichgewicht zu Ungunsten des Knochen-Abbaus. Als 70- Jährige Frau haben sie somit eine 50% ige Wahrscheinlichkeit, von Osteoporose betroffen zu sein. Männern sind vergleichsweise seltener betroffen die Ursachen sind hier häufig vielfältiger Natur.

Risiken: 

Der Knochen als Stoffwechselorgan ist jedoch auch vielen Faktoren ausgesetzt, die bereits auch vor den Wechseljahren eine negative Knochenbilanz bewirken. Zu diesen Risikofaktoren folgt noch ein ausführliches gesondertes Kapitel. An dieser Stelle seien jedoch Erkrankungen wie Rheuma und Diabetes genannt, ebenso Medikamente wie Cortison und Aromatasehemmer (ein Brustkrebsmedikament) die bereits in jungen Jahren zu ein Osteoporose führen können. Patienten mit diesen Risikofaktoren und jede Fraktur nach den 50 Lebensjahr, egal ob Frau oder Mann sollte daher weiter abgeklärt werden

Frakturen: 

Durch die Veränderung des Knochens kann es schon nach Bagatell-Stützen oder nach Heben leichter Gegenstände zu Knochenbrüchen kommen.

Es gibt einen typischen Verlauf vom auftreten Osteoporotischer Brüche: Ab 50 sind die Unterarmfraktur etwas später dann folgen Wirbelkörperbrüchen und letztlich die kommt es zu hüftgelenksnahen Frakturen zwischen 80-90 Jahren. 

Osteoporose ist häufig und letztlich auch tödlich wie Untersuchungen nach Schenkelhalsfrakturen gezeigt haben: 25 % der betroffenen versterben im 1 Jahr nach dem Ereignis.

3. Wen betrifft Osteoporose?

Bei der Entstehung von Osteoporose spielt in der Regel das Älterwerden die entscheidende Rolle. Der Knochenabbau ist somit ein physiologischer Prozess, der zu eine Veränderung des Körperbaus, der Muskelmasse und letztlich auch zum Knochenabbau führt. Als 70-Jährige Frau haben sie dann eine 50%, als Mann eine fast 10% Wahrscheinlichkeit an Osteoporose zu erkranken. Auf der anderen Seite bleibt unserer Aktivitätsanspruch auch im Alter erhalten: Halbmarathon mit 70, Tennis mit 80 und Fahrradfahren mit 90, ist heute normal! 

Grundsätzlich sollten daher Frakturen nach dem 50 Lebensjahr, immer auf das Vorliegen einer möglichen Osteoporose abgeklärt. Aber auch andere Risikofaktoren begünstigen den Knochenabbau und die Entstehung von Osteoporose:

  • Rheuma, Darm- und Lungenerkrankungen und die regelmäßige Einnahme von Cortison
  • Des Weiteren Erkrankungen wie Diabetes und Herzinsuffizienz
  • Mobilitäteinschränkungen und Stürze begünstigen Knochenbrüche ebenso wie Parkinson, Schlaganfall und Epilepsie 
  • Tumoren der weiblichen Brust und Antihormontherapie mit Aromatasehemmer und Prostata Tumor mit Antihormontherapie beim Mann
  • Medikamente wie Antidepressiva, Opiate und Magensäureblocker.
  • Lebensstiel wie Nikotin und Bewegungsmangel und Untergewicht können diese Prozesse beschleunigen. 
  • Letztlich sei auch die familiäre Vorbelastung mit Schenkelhals- oder hüftgelenksnaher Fraktur eines Elternteils als Risikofaktor genannt
  • Das wichtige Thema „Vitamin D3 und Calcium“ wird in einem Kapitel gesondert besprochen.

Eine vollständige Liste der Risikofaktoren finden sie in den DVO LL 2023 (Link)

4. Wie wird Osteoporose festgestellt?

Grundlage zur Diagnostik der Osteoporose bietet die DVO LL2023

Anhand der Angaben von Geschlecht, Alter und Risikofaktoren, lässt sich das individuelle Risikoprofil und die persönliche Knochenbruchgefahr zu ermitteln. 

Einen entscheidenden Stellenwert haben die schon stattgefundenen Knochenbrüche. 

Jede Form von Wirbelkörperfrakturen und hüftgelenksnahe Frakturen (Schenkelhalsfraktur), weisen auf eine manifeste Osteoporose hin (Indexfrakturen)

Andere Frakturen a Becken, Unterarm, Oberarm, und den anderen langen Röhrenknochen sind typisch für eine Osteoporose (Indikatorfrakturen) und sollten weiter abgeklärt werden. 

Weitere Risikofaktoren gehen dann ebenfalls in die Gesamtbeurteilung ein.

Sollte es erforderlich sein kann dann anhand einer Knochendichtemessung nach DXA (hierzu folgt ein gesondertes Kapitel) eine Quantifizierung der Knochendichte erfolgen, die dann in den Risiko-Rechner einfließen und ein differenzierten individuelles Frakturrisiko ermittelt. 

Die Diagnose einer Osteoporose stützt sich auf eine niedrige Knochendichte als messbaren Faktor einer Osteoporose. Hierüber kann eine Knochendichtemessung wertvolle Informationen geben. Zur Diagnosefindung ist eine Knochendichtemessung aber nicht mehr zwingend erforderlich, wenn entsprechende Risikofaktoren vorliegen.

Die DVO LL bietet somit für den Arzt hat heute moderne wissenschaftliche Methoden, die Osteoporose zu diagnostizieren

 Ziel ist es eine geeignete Therapie einzuleiten, um Knochenbrüche zu vermeiden und dadurch Lebensqualität zu erhalten.

5. Bedeutung der Knochendichtemessung

Um es vorwegzunehmen, die Bedeutung der Knochendichtemessung wird sowohl von Ärzten, wie auch von Patienten häufig überschätz.

Die Herausforderung beginnt damit, dass es unterschiedliche Messverfahren gibt. So unterschiedlich die einzelnen Messmethoden auch sind, so vielfältig sind auch deren Störgrößen, die eine solche Messung verfälschen können.

Die neue DVO LL 2023 empfiehlt nach wie vor zur Knochendichtemessung die DXA Methode als Goldstandard, der dann als ein Risikofaktor, ggf.  von weiteren, in die Frakturrisikobeurteilung und daraus resultierenden Therapieempfehlung mit einbezogen werden kann.

DXA steht für duale Absorptionsmetrie. Mit einem schwachen Röntgenstrahl, vergleichbar mit der Strahlenbelastung eines Sonnentages, misst das Gerät die Absorption der Strahlen durch kalzifizierte Strukturen, wie den Knochen im Vergleich zu umliegenden Weichteilgewebe. Verkalkte Gefäße und Verschleißerscheinungen können diese Werte jedoch verfälschen.  Auch stattgehabte Wirbelkörper-Frakturen erhöhen die Messergebnisse der Knochendichte. Hier empfiehlt sich ggf. ein Abgleich mit Röntgenbildern um solche Veränderungen zu erkennen.

Die dann dargestellten T-Werte entstehen durch Vergleich der eigenen DXA-Messergebnisse mit dem Durchschnitt der Werte junger, gesunder, Gleichgeschlechtlicher Menschen.

Die DXA T-Werte sind nach WHO wie folgt definiert:

> -1,0 Normalbefund

< -1,0 bis -2,5 Osteopenie

< -2,5 Osteoporose

< -2,5 (mit Fraktur) manifeste Osteoporose

Die Definition nach WHO entspricht jedoch nicht einer Therapieempfehlung! Hierzu bedarf es immer der Betrachtung des Patienten im Gesamtkontext mit seinen Erkrankungen und Risikofaktoren. Es sollte immer hinterfragt werden, ob die Messergebnisse zu dem Gesamtbild des Patienten passen. Im Zweifelsfall bleibt das Messergebnis zweitrangig!

Wichtig also: Ein normales Messergebnis kann eine Osteoporose somit nicht ausschließen und ein erniedrigtes Messergebnis kann – wenn gleich es auf ein Knochenproblem hinweist – eine Osteoporose nicht einwandfrei beweisen.

6. Welche Blutwerte sollten untersucht werden?

Der Knochen als Speicherorgan für das lebenswichtige Calcium kann durch eine Vielzahl von Faktoren in seinem Stoffwechsel beeinträchtigt werden 

Vor jeder Therapie einer Osteoporose sollte deshalb eine Abklärung spezieller Blutwerte erfolgen. Es gibt eine Fülle von Erkrankungen andere Organe, die sich negativ auf den Knochenstoffwechsel auswirken. Diese sekundären Ursachen einer Osteoporose sollten ausgeschlossen sein, da sich hieraus ggf. eine andere Therapieempfehlung ergeben könnte. 

Ebenso ist es dringend erforderlich vor Therapiebeginn der Osteoporose den Vitamin D3 Spiegel im Blut zu bestimmen und auf Optimalwert von 40ng/ml anzuheben, da die spezifischen Medikamente bei Vitamin D3 Mangel nicht ihre volle Wirksamkeit entfalten können. 

Folgende Blutwerte sind zur DD-Abklärung nach der DVO LL empfohlen:

BSG CRP – Entzündung, BB, Elektrophorese –Blutbildung

Krea – Niere, TSH- Schilddrüse

AP, P, Ca – Knochen Y-GT -Leber Galle

Na – Blutsalz  Vitamin-D3 – Knochenstoffwechsel

Bei Abweichungen und Auffälligkeiten ist das Einbeziehen eines/r Spezialisten/In zur weiteren Abklärung zu empfehlen.

7. Vitamin D3 – Warum es so wichtig ist!

Eine der wichtigsten Funktionen von Vitamin D3 ist es, die Aufnahme von Kalzium in den Körper und den Knochen zu unterstützen. Bei Vitamin D3 Mangel kann externes Kalzium nicht über die Ernährung aufgenommen und in den Knochen eingebaut werden. Da jedoch das Kalzium ein wichtiges Mineral auch für die Muskeln und Herzfunktion ist, reguliert der Körper über ein Hormon, dem sog. Parathormon, den Kalziumhaushalt im Blut in ganz engen Grenzen. Das fehlende Kalzium wird nun aus dem größten Speicher im Körper, den Knochen, gelöst, um die lebenswichtigen Funktionen zu erhalten. Das führt auf Dauer zu einer Demineralisierung des Knochens – einer sog. Osteomalazie. Im Kindesalter ist die mangelnde Mineralisierung des Knochens durch Vitamin D3 Mangel als Rachitis oder auch Englische-Krankheit bekannt.

Unserer heutiger Lebensstiel mit dem notwendigen Schutz vor der Sonne und Einsatz von Sun-Blockern reduziert die notwendige Bildung von Vitamin D3 über die Haut. Diese können auch durch Nahrungsmittel in der Regel nicht kompensiert werden. Eine Ausnahme bilden hier tatsächlich die Skandinavischen Länder mit dem traditionell bedingten täglichen Verspeisen von Fischprodukten. Mit 500g Hering z.B. wäre der tägliche Bedarf an Vitamin D3 gedeckt. 

Da in Deutschland in allen Altersgruppen die natürliche Vitamin D3 Versorgung unzureichend ist, sollte meiner Meinung nach abhängig vom Körpergewicht eine Nahrungsergänzung mit Vitamin D3 stattfinden. Als Erwachsener Normalgewichtiger sind 1000-2000iE pro Tag sinnvoll. Ich persönlich bevorzuge die Einnahme von 20.000IE pro Woche. Bitte bedenken sie das D3 ein fettlösliches Vitamin ist und mit fettreicher Kost aufgenommen werden sollte, außerdem wird es im Körper gespeichert wird. 

Für die Osteoporose-Therapie gilt: dass zunächst ein Vitamin D Mangel auszugleichen werden sollte, bevor eine entsprechende spezifische Therapie mit Medikamenten stattfindet. 

8. Spezifische Osteoporose Medikamente

Zur Behandlung der Osteoporose stehen heutzutage eine Vielzahl moderner Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung.  Hier unterscheiden wir Knochenabbauhemmende Medikamente – Antiresorptiva und Knochenaufbauende Medikamente osteoanabole Substanzen.

Generell lassen sich durch diese Präparate 50-70% der zu erwartenden Frakturen vermeiden!

Die individuelle Notwendigkeit mit der Therapie zu beginnen, ergibt sich aus dem Risikoprofil, ggf. Frakturen und der Knochendichtemessung. Neben einer lebenslangen Zufuhr von Vitamin D3 und Calcium soll die medikamentöse Therapie konsequent und regelmäßig durchgeführt werden, um Frakturen bzw. weitere Frakturen zu verhindern. Setzen sie daher die Medikamente nicht ohne Rücksprache mit dem Arzt ab. 

Zur Anwendung kommen in der Regel vor allem Antiresorptiva die den Knochenabbau hemmen: 

Bisphosphonate in Tablettenform (Risedron/Alendron), die in der Regel 1x wöchentlich 30 min vor dem Frühstück mit einem Glas Leitungswasser eingenommen werden. Eine Alternative stellt die magensaftresistente Tablette (Actonel tmr) da, die nach dem Frühstück eingenommen wird.

Bisphosphonate i.v. alle 3 Monate (Ibandron) oder 1x jährlich (Zolendron) 

Denosumab 60mg (Antikörper) alle 6 Monate s.c.. Bei Unverträglichkeit auf die vorangegangenen Medikamente und Nierenleistungsstörung. Immer Anschlusstherapie Antiresoptivum wegen Reboundeffekt. 

An dieser Stelle erwähnt sei Raloxifen, ein Östrogenrezeptormodulator und die Hormonersatztherapie für jüngere Frauen nach den Wechseljahren.

Bei einer Osteoanabolen Therapie werden die Knochen dazu angeregt, abgebaute Knochensubstanz zu ersetzen und den Knochen wiederaufzubauen und ihm Stabilität zurückzugeben. Diese kommen besonders schweren Formen der Osteoporose zum Einsatz oder wenn unter Medikamentöser Therapie weitere Frakturen aufgetreten sind.  

Romosozumab (Antikörper): Frauen mit manifester Osteoporose – max. 1 Jahr 1x im Monat s.c. 

Teriparatid die synthetische Form des körpereigenen Parathormons für Frauen und Männer max. 2 Jahre tgl. s.c.

Entscheidend ist in jedem Fall die richtige Wahl des zunächst passenden oder auch verschiedener, in der Abfolge passender Arzneimittel. Im Rahmen einer so genannten Sequenztherapie kommen unterschiedliche Wirkstoffe in einer geplanten Reihenfolge zum Einsatz, um so das beste Ergebnis für die Knochengesundheit zu erzielen.  Zu beachten sind die Anwendungs- und Zulassungsbeschränkungen der Medikamente sowie Kontraindikationen.  

9. Wirkung und Nebenwirkung von Osteoporose Medikamenten

Das Auftreten von osteoporosebedingten Frakturen kann mit einer konsequenten Therapie um 50-70% verringert werden. Wir können also Knochenbrüche vermeiden. Nebenwirkungen sind im Vergleich hierzu selten aber nie ganz auszuschließen.

So können Tabletten z.B. gelegentlich den Magen – Darmtrakt beeinflussen, bei Infusionen können Kopf- und Gliederschmerzen auftreten, wie wir es nach Impfungen kennen.

Eine sehr seltene, jedoch gleichermaßen gefürchtete Komplikation vornehmlich durch Antiresortiva ist die Kieferknochennekrose ein Absterben von Knochensubstanz im Kieferknochenbereich. (ONJ). Eine Fraktur durch Osteoporose ist jedoch 3000-mal häufiger zu erwarten.  Eine notwendige Osteoporose-Therapie sollte daher möglichst immer zügig umgesetzt werden. Die ONJ wird außerdem begünstigt durch Bakterien am offenliegenden Kieferknochen, Diabetes, Immunschwäche und Rauchen. Informieren sie bitte ihren Zahnarzt/- ärztin über die notwendige Osteoporose Therapie der/die dann anhand der S3 Leitlinie ONJ verfahren kann. Diese Leitlinie bietet die Grundlage für die zahnärzliche Versorgung von Osteoporose-Patienten um das Auftreten von Komplikationen so gering wie möglich zu halten. Generell sind Eingriffe im oralen Bereich auch bei Osteoporose Patienten unter/nach Therapie möglich, es wird aber empfohlen während des Eingriffs und der Wundheilung mit den Antiresorptiva zu pausieren.